Silvia Heinz

 

 

Frauenpower in der Mensch-Maschine Interaktion

Interview mit Silvia Heinz, User Experience Spezialistin


Sie haben vom Bachelor bis zum Doktor an der Universität Basel studiert. Weshalb haben Sie das Studium und die damit verbundenen Berufsmöglichkeiten gereizt?

Zu Beginn wollte ich in eine ganz andere Richtung. Zuerst habe ich daran gedacht, Hochbauzeichnerin zu werden, danach dachte ich eher in die Richtung von Primarlehrerin/Pädagogik zu gehen. Nachdem ich mir nach der Matura immer noch nicht sicher war, bin ich nach einem einjährigen Sprachaufenthalt zur Berufsberatung gegangen. Dort hat sich herauskristallisiert, dass Psychologie für mich etwas wäre. Damit hatte ich mich zuvor noch gar nicht beschäftigt, habe mir dann aber gedacht: dem geben wir mal eine Chance. Nachdem ich etwas recherchiert habe, habe ich mich letztendlich für die Uni Basel entscheiden. Sie waren damals die ersten, die bereits auf das neue System mit Bachelor und Master umgestiegen sind.

Forschungsschwerpunkt MMI

Forschungsschwerpunkt Mensch-Maschine Interaktion

Heute arbeiten Sie als User Experience Spezialistin in der Basler Kantonalbank. Was können wir uns unter Ihrem Beruf vorstellen?

Einen gewöhnlichen Arbeitstag gibt es per se nicht. Ich bin in einem interdisziplinären Team, in dem wir uns um Kundenbedürfnisse und unsere digitalen Dienstleistungen und Produkte kümmern. Ich bringe die Nutzerperspektive in Projekte oder die tägliche Arbeit ein und optimiere zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen das Benutzererlebnis unserer Kundinnen und Kunden und wo möglich auch Mitarbeitenden. Es geht darum, die ersten Ideen neuer Projekte durch Fragen aus der Kundenperspektive zu «challengen» und zu hinterfragen «Ist das wirklich was die Nutzerin will?», «Versteht der Benutzer das so?». Das zieht sich durch alle Projektphasen, die Zusammenarbeit mit internen Fachspezialisten (Bank oder IT) oder externen Projektpartnern. Wo immer möglich bringe ich mein methodischem Wissen ein und vermittele Wissen zu den nutzerzentrierten Methoden. 

Können Sie kurz beschreiben, was Sie nach Ihrem Abschluss an der Universität bis zum Antritt Ihrer jetzigen Tätigkeit beruflich gemacht haben?

Hier muss ich ein bisschen weiter ausholen. Ich wäre nicht dort, wo ich jetzt bin, wenn ich mich nicht schon früh im Studium für die MMI entschieden hätte. Ich habe einen Studienaushang gesehen über «Wie surfen blinde Nutzer im Internet?» und habe mich mehr darüber informiert, weil ich es sehr spannend fand. Durch die Fachgruppe bin ich damals zum ersten Mal mit jemandem in Kontakt gekommen, der in diesem Bereich geforscht hat. Ab diesem Zeitpunkt bin ich immer in alle angebotenen Veranstaltungen zu dem Thema gegangen, habe mich für Praktika und Hiwi-Stellen beworben. Auch nach dem Master habe ich ein anschliessendes Praktikum gemacht, um mein theoretisches Wissen anwenden zu können. Während meinem Doktorat habe ich dann neben der Forschungsarbeit immer Studenten betreut und viele spannende Kooperationsprojekte mit Firmen geleitet. Nach Abschluss meines Doktorats konnte ich vor 3 Jahren die Stelle bei der Basler Kantonalbank antreten.

Ob Bachelorarbeit, Masterarbeit oder optional auch eine Doktorarbeit, es hilft, sie im gleichen Bereich zu schreiben und so immer mehr Erfahrungen zu sammeln und dazuzulernen.

Wenn jemand den gleichen Karriereweg wie Sie einschlagen möchte – was würden Sie ihm/ihr raten?

Ist man noch im Studium, so würde ich möglichst früh schauen, ob es an der Fakultät Personen gibt, mit denen man einfach mal reden kann. Zuerst würde ich mit Studierenden und Assistierenden der gewählten Richtung Kontakt aufnehmen und schauen, ob es ein Fachgebiet ist von dem man sagen kann: «Ja, das könnte zu mir passen!». Im Bereich UX kann man z.B. auch als Studierende an einen Fachaustausch gehen und dort verschiedenen Personen die Frage stellen, wie ein typischer oder eben auch atypischer Arbeitstag in dem Gebiet aussieht. Dadurch kann man schon mal rausspüren, ob das einen langfristig interessiert, um im zweiten Schritt dann natürlich selbst mit Praktika einen Einstieg zu wagen.
Sonst sollte man einfach dranbleiben – ob Bachelorarbeit, Masterarbeit oder optional auch eine Doktorarbeit, es hilft, sie im gleichen Bereich zu schreiben und so immer mehr Erfahrungen zu sammeln und dazuzulernen. Das zählt jetzt für meinen Weg, aber ich glaube auch, dass das für alle Bereiche wichtig ist.

Sehen Sie Möglichkeiten, wie AlumniPsychologie Sie in Ihrem weiteren beruflichen Werdegang begleiten oder unterstützen kann?

Alumni Psychologie hilft meiner Meinung nach für den Austausch. Informationen von der Fakultät können wieder an die Leute gebracht werden, die es interessiert. Damit können wir dafür sorgen, dass das Interesse für den Fachbereich ein bisschen gesteigert wird. Das Wissen sollte dabei zwar verdaubar, aber trotzdem an ein Fachpublikum gerichtet sein. So können «Insider-Informationen» aus der Welt der Wissenschaft einfacher zugänglich gemacht werden und der ein oder andere Wissensdurst gestillt wird.
Zum anderen ist es für einige auch interessant zu wissen, was an der Fakultät allgemein läuft. Wie hat es sich seit dem Abschluss verändert und wie haben sich auch die Personen entwickelt, mit denen man studiert, geforscht oder gearbeitet hat? Das Netzwerk und der Austausch kann dadurch sehr gut gestärkt werden. Auch kann man hier vielleicht Kontakt zu Personen behalten oder wieder aufbauen, der sich im Laufe der Zeit sonst verloren hätte oder hat. Oder man kann innerhalb von Alumni Psychologie als Berufseinsteiger unkompliziert auf Personen mit Erfahrung zugehen oder umgekehrt Personen mit ähnlichem Background suchen z.B. wenn man Stellen besetzen kann.

Wer ist Ihrer Meinung nach ein Held aus dem psychologischen Fachbereich?

Ich muss ehrlich sagen: Ich kann darauf keine wirkliche Antwort geben. Ich habe zuerst überlegt welche Namen mir da spontan in den Sinn kommen. Das waren aber auch eher die Standard-Namen, die mir hier eingefallen sind. Vielleicht hat das auch damit etwas zu tun, dass ich sehr schnell in die MMI gewechselt bin und dort sind es nicht nur Psychologen, die die Forschung vorantreiben. Das Schöne an dieser Disziplin ist ja das Interdisziplinäre – Es hat Wirtschaftler, Informatiker, Sprachwissenschaftler, Designer, uns Psychologen und viele weitere Disziplinen. Es ist so vielfältig, dass ich hier keinen «besonderen» Psychologen nennen könnte. Ich würde viel eher sagen, dass es alle sind, die Psychologie abgeschlossen haben. Jeder macht in seinem Bereich oder seiner Arbeit etwas bedeutendes. Ich habe das Gefühl, es ist mehr das Ganze, was Psychologie ausmacht und nicht nur eine Person

Das Schöne an dieser Disziplin ist das Interdisziplinäre – Es hat Wirtschaftler, Informatiker, Sprachwissenschaftler, Designer, uns Psychologen und viele weitere Disziplinen.

Was ist Ihre beste Anekdote aus der Studienzeit an der Uni Basel/ was war Ihr Highlight?

Eine spezielle Anekdote, die heraussticht habe ich gerade nicht. Was mir immer wieder in den Sinn kommt, ist vor allem der soziale Aspekt. Es hat angefangen mit dem Prop-out Event und dem Campusfest, die mir in Erinnerung geblieben sind. Danach bin ich in der Fachgruppe aktiv geworden und habe begonnen in der Forschungsgruppe Mensch-Maschine Interaktion zu arbeiten und dieses Zusammensein und zusammen etwas machen fand ich immer besonders. Durch meine Hiwi Stelle habe dann die Möglichkeit bekommen, mit dem Team eine grosse MMI-Konferenz in Florenz zu besuchen. Diejenigen Menschen kennenzulernen, die man bis jetzt nur von empirischen Arbeiten kennt und dann bei der Präsentation ihrer neusten Arbeiten dabei zu sein, das war schon ein Highlight.

Workshop FG Psychologie

Der «Rein in die Praxis» Workshop der FG Psychologie

Was würden Sie den aktuellen Studierenden raten, wie man die Studienzeit am besten verbringen sollte?

Für mich war es eine sehr intensive Zeit, weil ich wie viele andere nebenher gearbeitet habe. Man sollte nicht vergessen offen zu bleiben und die Zeit zu nutzen, um verschiedene Sachen auszuprobieren. Zum Beispiel kann man durch verschiedene Wahlfächer einen breiteren Einblick erhalten. Weiterhin kann man mit Praktika viel ausprobieren oder auch die Angebote der Fachschaft nutzen, wie «Psychologen im Alltag» – den aktuellen «Rein in die Praxis» Workshop. Im Studium lernt man die Methoden und Theorien, aber wie dann alles in der Praxis angewendet werden kann, kann in einer Vorlesung nur bedingt rübergebracht werden.
Ausserdem sollte man nicht nur den Fokus auf das «Ernste» legen. Für all das Soziale hat man nachher nicht mehr soviel Zeit und das ist immerhin das Schönste.

Würden Sie in Ihrer Beruflichen Laufbahn irgendetwas anders machen wenn Sie noch einmal von vorne Anfangen könnten?

Nein. Wenn ich jetzt überlege, gibt es nichts, was ich bereue. Ich habe vielleicht nicht ganz den geraden Karrierepfad gehabt. Vor meinem Studiums habe ich ja noch den Abstecher mit dem Sprachaufenthalt gemacht und danach das Doktorat auch nicht direkt am Tag nach dem Masterabschluss angefangen. Vielleicht hätte ich im Bachelor noch ein bisschen mehr von den ausserfakultären Wahlfächern nutzen sollen. 
Trotzdem war dieser Weg für mich genau richtig.

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Dr. phil. Silvia Heinz

Silvia Heinz hat an der Universität Basel Psychologie mit dem bereits im Bachelor angelegten Schwerpunkt MMI studiert. Heute ist sie als User Experience Spezialistin bei der Basler Kantonalbank tätigt, ist nebenbei Projektbetreuerin an der HSR Hochschule für Technik sowie Board Mitglied bei Alumni Psychologie.

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Ein Interview von Anna Riehle und Magdalena Ridder